Pferdesteuer – das sagen Politikerinnen und Politiker im Kreis Altenkirchen

Pferdesteuer – das sagen Politikerinnen und Politiker im Kreis Altenkirchen

Im Rahmen der Pläne der Ortsgemeinde Idelberg im Kreis Altenkirchen, eine Pferdesteuer einzuführen, haben wir Politikerinnen und Politiker aus dem Kreis zu ihrer Meinung gefragt.

Sabine Bätzing-Lichtenthäler, rheinland-pfälzische Ministerin für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie und SPD-Mitglied

„Grundsätzlich hat das Bundesverwaltungsgericht die Erhebung einer Steuer für Pferdehalter als rechtmäßig eingestuft.  - Das Halten eines Pferdes gehe über das Alltägliche hinaus und erfordere einen zusätzlichen Vermögensaufwand. (BVerwG 9 BN 2.15) - Es muss jedoch keine Steuer erhoben werden. Dies ist dann im Ermessen der Gemeinde. Die Entscheidung obliegt damit letztlich der kommunalen Selbstverwaltung und hängt von der politischen Entscheidung des Gemeinderates ab.

Zu der Frage, wie die Situation im Landkreis Altenkirchen ist, kann ich keine Angaben machen. Dies müssten Sie bei der Kreisverwaltung Altenkirchen bzw. bei den Verbandsgemeindeverwaltungen erfragen.“

IMGP1743 HH 1ZqLoRes 

Heijo Höfer, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Altenkirchen


Wie stehen Sie zu den Aussagen von Bürgermeister Henn?

Heijo Höfer: Dazu äußere ich mich nicht.


Welche Schritte erfolgen nun?

Heijo Höfer:Die Verbandsgemeindeverwaltung Altenkirchen wird die notwendigen Unterlagen zu einer sachgerechten Diskussion über die Frage, ob eine Pferdesteuer eingeführt werden sollte, zusammentragen, aufbereiten und mit einem eigenen Meinungsbild versehen. Dieser Komplex wird auf einer Ortsbürgermeisterdienstbesprechung im 1. Quartal 2016 intern mit den 42 (!) Ortsbürgermeisterinnen und Ortsbürgermeistern besprochen. Danach werden wir ein Meinungsbild haben. Anschließend entscheiden die Ortsgemeinden jede für sich, ob sie das Thema verfolgen wollen.
Aus verschiedenen Quellen wurde uns berichtet, dass der Bürgermeister angekündigt hat, niemanden auf die am 11.12.2015 stattfindende Gemeinderatssitzung zu lassen. Dies steht nach unserer Einschätzung gegen die rheinland-pfälzische Gemeindeordnung. Wie sehen Sie das und werden Sie ggf. Maßnahmen einleiten, damit Besucher am öffentlichen Teil der Sitzung teilnehmen können?
Heijo Höfer: Ihre Einschätzung der rheinland-pfälzischen Gemeindeordnung ist korrekt. Die Öffentlichkeit hat zahlreich teilgenommen. Es war eine der bestbesuchten Gemeinderatssitzungen seit Jahrzehnten.


Was halten Sie von den Plänen der Gemeinde Idelberg, eine Pferdesteuer einzuführen?

Heijo Höfer: Eine Antwort steht derzeit nicht an.


Wie stehen Sie selber zu einer Pferdesteuer?

Heijo Höfer: Wenn Sie mich als Bürgermeister der VG Altenkirchen fragen: Es ist fraglich, ob es bei der vorliegenden Rechtsprechung Sinn macht, diese Steuer zu erheben. Die Ausnahmetatbestände sind vielfältig.

 

Ist es nicht schädlich für die VG Altenkirchen, wenn eine OG eine Pferdesteuer einführt, wo man doch auf den Internetseiten der VG unter dem Punkt Tourismus die Reiter gerade sogar anspricht?
Heijo Höfer: Diese Diskussion hat sich bisher nicht förderlich ausgewirkt. Ich hoffe, dass der Trend sich wieder dreht.



Thosten WehnerLoRes

Thorsten Wehner, der für die SPD im Landtag von Rheinland Pfalz sitzt, wollte nicht konkret auf unsere Fragen antworten, schreibt aber:

„Haben Sie vielen Dank für Ihre Fragen zum Thema Pferdesteuer. Da hier ein Kernbereich der kommunalen Selbstverantwortung berührt wird, bitte ich um Verständnis, dass ich mich zum angesprochenen Fall in Idelberg nicht detailliert äußern kann.

Gleichwohl möchte ich Ihnen einige allgemeine Informationen zum Thema Pferdesteuer zukommen lassen. Wie Ihnen bekannt ist, können Kommunen ähnlich wie bei der Hundesteuer auch von Pferdebesitzern eine entsprechende Steuer erheben. Die Zulässigkeit dieser Steuer wurde unlängst vom Bundesverwaltungsgericht Leipzig in einer höchstrichterlichen Entscheidung bestätigt (Aktenzeichen 9 BN 2.15).
Die Richter argumentierten, dass sowohl das Halten als auch das Benutzen von Pferden einen Aufwand erfordern, der über den gewöhnlichen allgemeinen Lebensbedarf hinausgeht.
Zwar wurde keine Höchstgrenze festgelegt, jedoch deutlich gemacht, dass die Steuer Pferdehalter nicht übermäßig belasten darf. Das wäre dann der Fall, wenn durch die Höhe faktisch eine Pferdehaltung unmöglich gemacht würde.

Aus meiner persönlichen Sicht sollten vor Einführung einer Pferdesteuer die möglichen Konsequenzen gut überlegt sein. So könnte ein  „Abwandern“ von Pferden bzw. Pferdebesitzern in Nachbarkommunen die angedachten Erträge schnell zunichtemachen. Zudem könnte sich gerade für Reiterhöfe und Pensionsstallbetreiber auch eine Existenzfrage stellen, was nicht zuletzt auch zum Verlust von Arbeitsplätzen vor Ort führen würde. Aus diesen Gründen verzichten nach meinem Kenntnisstand die allermeisten Kommunen bislang auf eine solche Steuererhebung.“


 

Anna Neuhof LoRes Peter Enders DSC 6027LoRes

Anna Neuhof, Mitglied des Landtags Rheinland Pfalz, Bündnis 90/Die Grünen und Dr. Peter Enders, ebenfalls Mitglied im Landtag Rheinland Pfalz für die CDU haben auf unsere Fragen reagiert.

Auf der Gemeinderatssitzung in Idelberg wurde die Einführung einer Pferdesteuer vertagt, weil man sich erst einmal schlau machen wolle. Besteht zu befürchten, dass es 2016 in Idelberg doch zur Einführung kommt?
Anna Neuhof: Grundsätzlich hat eine Ortsgemeinde das Recht, Einnahmen zu generieren. Es ist sicherlich sinnvoll, wenn die Ortsgemeinde Idelberg sich erst sachkundig machen will. Abzuwägen ist sicherlich, ob überhaupt ein messbarer Mehrwert zu erzielen ist oder ob der behördliche Aufwand ungleich größer ist. Des Weiteren ist zu überlegen, ob und wie ein gedeihliches Miteinander zu organisieren ist. Möglich wäre zum Beispiel die Ausweisung spezieller Reitwege, um Wanderwege vor den oft beträchtlichen Schäden durch Pferde zu schützen. Leerstände bäuerlicher Anwesen können nicht das Ziel der kommunalen Politik sein. Allerdings ist auch immer darauf zu achten, dass die Tiere nach allen Regeln des Tierschutzes gehalten werden. Hier gilt es, auch zusammen mit den Tierschutzbehörden, gute Kontrollmöglichkeiten zu installieren.
Pferdehaltung, Unterstellmöglichkeiten, Reit- und Fahrangebote sind geeignet, Arbeitsplätze, Einkommen und touristische Angebote zu schaffen.
Ob die Gemeinde sich entschließen wird, im nächsten Jahr eine Pferdesteuer einzuführen, vermag ich nicht zu sagen - da ist nach meinem Demokratieverständnis die Entscheidungshoheit der gewählten RatsvertreterInnen zu wahren. Falls es in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit Pferdebesitzern gegeben hat, sollte überlegt werden, welche Kontrollmechanismen angewendet werden können, um eine gute Wahl für Pferdehaltung festzuschreiben.
Dr. Peter Enders: Ob es zu einer Einführung der Pferdesteuer in Idelberg kommt, kann ich als Außenstehender nicht beurteilen. Hier greift die kommunale Selbstverwaltung der Ortsgemeinde Idelberg! Die Kommunen haben ein kommunales Steuerfindungsrecht, das sich aus den Kommunalabgabengesetzen der Länder ableitet. Eine Pferdesteuer braucht weder die Zustimmung der Landesregierung noch des Landtags. Der Ortsgemeinderat ist das Entscheidungsgremium. Wie der entscheidet kann ich nicht beurteilen.

Wie sieht die Situation im Kreis Altenkirchen und den anderen Ortsgemeinden aus? Planen weitere Gemeinden eine PST?
Anna Neuhof: Mir sind keine weiteren Bestrebungen zur Einführung einer Pferdesteuer im Kreis Altenkirchen bekannt.
Dr. Peter Enders: Mir ist nichts von Plänen in anderen Gemeinden gekannt. Hier können sicher die Verbandsgemeindeverwaltungen konkrete Auskünfte geben.

Wie stehen Sie selber zu einer Pferdesteuer?

Anna Neuhof: Ich halte, in Abwägung von Aufwand und Erlös, eine Pferdesteuer nicht für sinnvoll. Allerdings sind Kontrollen zur Einhaltung des Tierschutzes und der artgerechten Haltung der Tiere mehr als sinnvoll. Pferde sind Herdentiere und müssen deshalb entsprechend gehalten werden, sie brauchen Auslauf, Schutz- und Unterstellmöglichkeiten, gute Weideflächen und Zugang zu Tränken, um nur Einiges zu nennen.
Dr. Peter Enders: Ich bin selbst Ortsbürgermeister einer Gemeinde, in der es Pferdehaltung gibt. Ich sehe in meiner Gemeinde keine Notwendigkeit zur Einführung.

Ist es nicht schädlich für die VG Altenkirchen, wenn eine Ortsgemeinde eine Pferdesteuer deseinführt, wo man doch auf den Internetseiten der VG unter dem Punkt Tourismus die Reiter gerade sogar anspricht?
Anna Neuhof: Einen Schaden für den Kreis Altenkirchen kann ich zurzeit nicht erkennen, zumal es in der Regel gute Pferdehaltungen gibt und etliche Ortsgemeinden durch spezielle Reitwege ein Angebot geschaffen haben. Zum Abschluss: Gute, tiergerechte Haltung ist zu unterstützen, jedoch muss jeder Verstoß gegen den Tierschutz und unsachgemäße Haltung zum Schaden der Tiere geahndet werden. Ebenso gilt es, vor allem auch unter landschaftspflegerischen Gesichtspunkten und einem guten Miteinander der unterschiedlichen Interessen, örtlich angepasste Lösungen zu entwickeln.
Dr. Peter Enders: Ich kann eine evtl. Schädlichkeit nicht abschließend beurteilen.


 

 

Erwin Rüddel und Landrat Michael Lieber

Nach Auskunft des Bürgerbüros des CDU-Bundestagsabgeordneten Erwin Rüddel in Wissen will dieser sich derzeit nicht zu unseren Fragen äußern, da es sich um ein laufendes Verfahren handele. Auf unsere Nachfrage an den Büroleiter, ob Herr Rüddel sich denn nicht allgemein zur Pferdesteuer äußern wolle, da es sich im Allgemeinen ja nicht um ein laufendes Verfahren handele, verwies man erneut auf das laufende Verfahren und fügte hinzu, dass Erwin Rüddel sich nicht in die Kommunalpolitik einmischen wolle und weder Finanz- noch Tourismuspolitiker sei.

Der ebenfalls von uns angefragte Landrat Lieber ließ über sein Büro ausrichten, dass man um Verständnis bitte, da man sich in einem laufenden Verfahren befinde. Die übliche Verfahrensweise in solchen Fällen sei, dass eine Beschwerde zur Stellungnahme an die/den Betroffene/n weitergeleitet wird, dann geprüft und dem Petenten gegenüber geantwortet wird.