Von der Pferdesteuer halte ich nichts - Christian Meyer, Landwirtschaftsminister Niedersachsen

Pressefoto_Christian_Meyer2013kleinSeit dem Sieg bei den Landtagswahlen 2013 hat das Bundesland Niedersachsen mit Christian Meyer einen Landwirtschaftsminister mit Grünem Parteibuch. Im Country-Reiten-Interview spricht der jüngste Minister im Kabinett über die Neuausrichtung der Landwirtschaftspolitik und die Pferdesteuer.

Zuerst einmal herzlichen Glückwunsch zum Wahlsieg und zur neuen Aufgabe. Es wäre schön, wenn du dich in ein paar Worten unseren Lesern vorstellen könntest.

Ich komme aus der schönen Kleinstadt Holzminden, habe in Göttingen studiert und bin jetzt mit 37 Jahren jüngster Minister im Kabinett Weil und zuständig für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Niedersachsen.

Was sind deine Schwerpunkte in deinem Verantwortungsbereich, die du in den kommenden Jahren umsetzen möchtest?

Ich möchte vor allem den Tierschutz in der Landwirtschaft voranbringen. Die industrielle Massentierhaltung mit 100.000 Hühnern oder Zehntausenden Schweinen in engen Ställen ist für mich nicht im Sinne einer artgerechten Haltung. Das Amputieren der Schnäbel von Küken oder das Abschneiden der Schwänze von Schweinen möchte ich gerne überwinden. Dafür möchte ich auch den Verbraucherschutz nach den vielen Skandalen um Pferdefleisch in Fertigprodukten, Mogel-Eier und belastete Futtermittel aus Serbien deutlich stärken. Verbraucher sollen bessere Informationen haben, was in Lebensmitteln drin ist und wie die Tiere gehalten wurden.

Bist du selber Reiter oder hast du damit Berührungspunkte?

Im Zivildienst in einem Sprachheilkindergarten gehörte das Reiten mit Kindern auf einem Pferdehof zur Heilpädagogik. Das habe ich immer gerne begleitet und gemerkt, wie die Liebe zum Pferd zur Heilung der Kinder und Wertschätzung für Lebewesen beitragen kann. Außerdem ist meine persönliche Mitarbeiterin im Landtagsbüro Freizeitreiterin und im Tierschutzverein Pferde und Esel in Not e.V. aktiv.
 
Wie stehst du zu einer Pferdesteuer, die einige hessische Kommunen jetzt einführen möchten und die auch immer wieder mal in Niedersachsen in der Diskussion stand?

Soweit ich weiß gibt es in Niedersachsen keine Gemeinde, die das ernsthaft prüft. Ich halte da auch nichts davon.
 
Niedersachsen gilt ja als das Pferdeland schlechthin (und nicht nur wegen des Wappentieres im Landeswappen). Sowohl unter sportlichen aber auch unter touristischen Gesichtspunkten hat das Pferd eine große Bedeutung. Wie stehst du zur Förderung von Pferdezucht und Sport?

Niedersachsen ist Pferdeland Nr.1 und soll es auch bleiben. Viele Menschen betreiben Reitsport und/oder halten Pferde. Das Land fördert auch die Pferdezucht über sein Landesgestüt, Besamungsstation etc. Auch der Pferdesport wird umfangreich gefördert.


 

Wo siehst du Pferde im Gesamtkonzept einer neuen Art der Landwirtschaft?

Pferde sollten nicht als Fleischobjekt, sondern aus Tierliebe gehalten werden. Wir wollen natürlich auch nicht wieder zurück in die Zeit, in der Pferde der ausgebeutete Ersatz für Maschinen waren. Nur in einigen Bereichen, etwa bei der Holzernte in Problemlagen, könnten robuste Rückepferde wieder verstärkt für die Forstwirtschaft zum Einsatz kommen.
Auch im Naturschutz, etwa in der Offenhaltung von Weiden, können Pferde schon heute wichtige Aufgaben übernehmen. Bei mir im Solling etwa, werden Exmoor-Ponys relativ frei und wild in Hutewäldern gehalten.
Neben diesen Aufgaben sind Pferde heute in erster Linie treue Begleiter und Sportpartner. Den Tierschutz auch im Bereich der Pferdehaltung und des Pferdesports zu stärken, ist mir ein besonderes Anliegen.

Welche Rolle spielt der Tourismus dabei?

Pferde haben eine sehr hohe Bedeutung für den Landestourismus, nicht nur als Wappentier. Die Verbesserung des Reitwegenetzes und die verbesserte Integration von Reitangeboten in den Tourismus halte ich für wichtig.

Mit der Wahl von SPD und Grünen hörte man immer wieder von verschiedenen Stellen eine gewisse Angst, dass sich nun vieles in Niedersachsen ändern würde und alles teurer wird, weil man vielfältige Steuern fürchtet. Insbesondere der Bund der Steuerzahler, aber auch viele Foren sind hier oft sehr skeptisch. Warum ist diese Angst unbegründet?

Die neue rot-grüne Landesregierung will den Menschen und den Kommunen vor allem mehr Freiheit geben, etwa bei der Schulwahl, bei der Abschaffung der Studiengebühren und ob man in 12 oder 13 Jahren Abitur macht. Und wir wollen die Energie- und Agrarwende im Sinne von Klimaschutz, Nachhaltigkeit und gesunder Ernährung endlich voranbringen. Der Naturschutz in unserem schönen Land muss auch wieder deutlich mehr Gewicht bekommen, um unsere Wälder, Moore und Grünländer vielfältig zu erhalten. Neue Steuern sind auf Landesebene nicht geplant. Die einzige Steuer, die wir erhöhen wollen ist die Grunderwerbssteuer, die auf das Durchschnittsniveau anderer Länder angehoben werden soll.

Die Idee, dass starke Schultern mehr tragen als schwache, ist eine gute. Die Frage ist allerdings, was für dich und die Landesregierung starke Schultern sind?

Gerade in der Bankenkrise haben gut Vermögende gute Geschäfte gemacht und die Risiken vom Staat absichern lassen. Da ist es mehr als gerecht wenn starke Schultern bei der Bewältigung der Finanzkrise und hohen Verschuldung stärker herangezogen werden als mittlere und kleine Einkommen. Wir wollen daher für große Vermögen ab 1 Million Euro, eine Vermögensabgabe einführen. Für geringe und mittlere Einkommen sind keine Steuererhöhungen gefordert.


 

 
In der Koalitionsvereinbarung steht ja, dass ihr euch auf Bundesratsebene für eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer stark machen wollt. Jetzt fürchten viele ReiterInnen, dass die Grünen und die SPD über eine Vermögenssteuer die Pferdehaltung besteuern möchten. Was ist daran? 

Ja wir wollen aus Gerechtigkeitsgründen, wie in fast allen Nachbarländern auch, die Vermögenssteuer wiedereinführen und sie für Kindergärten und Bildung verwenden. Diese tritt ab einer bestimmten Vermögensgrenze mit unterschiedlichen Steuersätzen ein. Dabei werden alle Vermögen gleich behandelt. Wer über 1 Million Euro verdient, kann auch 1 Prozent für den Staat und seine Aufgaben bei Bildung, Straßen und Sicherheit abgeben. Das ist unabhängig davon, ob er Pferde hält. 

Hast du eine Erklärung, warum in kommunalen Parlamenten auffällig viele Grüne für eine Pferdesteuer stimmen? Eigentlich sind doch der Natur- und der Tierschutz ausgesprochen „Grüne“ Themen. Und Pferde haben großen Anteil am Naturschutz, sei es durch extensive Weidehaltung, durch sanfte Landschaftspflege, durch sanfte Waldrückearbeiten und vieles mehr.

In Niedersachsen ist mir nicht bekannt, dass Grüne irgendwo eine Pferdesteuer fordern. Wir haben das auch nicht im Wahlkampf gefordert und ich halte da auch nichts von. Im Gegenteil: Pferde im Einsatz für extensive Weidehaltung, sanfte Landschaftspflege und Waldrückearbeiten wollen wir unterstützen und ggf. fördern. Für den Ökologischen Landbau auch im Grünland, wo viele ökologisch bewirtschaftete Pferdeweiden hinzugehören, habe ich als ersten Schritt der sanften Agrarwende auch die Prämien deutlich angehoben. Statt 137 Euro pro Hektar soll es – wenn die EU-Kommission zustimmt - für ökologisch bewirtschaftetes Grünland in Zukunft 200 Euro pro Hektar geben. Damit wird Niedersachsen vom Schlusslicht zum Spitzenreiter bei der Förderung ökologisch bewirtschafteten Grünlandes. Das kommt auch vielen Pferdehaltern zu gute!